Ein Kirschbaum als Symbol für einen wachsenden Austausch

Die Jugendlichen aus Buxtehude und aus Ramad Hasharon (Israel) haben als Symbol für den Frieden gemeinsam einen Kirschbaum im Garten des Freizeithauses gepflanzt. Foto Felsch
Die Jugendlichen aus Buxtehude und aus Ramad Hasharon (Israel) haben als Symbol für den Frieden gemeinsam einen Kirschbaum im Garten des Freizeithauses gepflanzt. Foto Felsch

 

 

BUXTEHUDE. Jugendliche aus Israel eine Woche zu Gast in der Stadt Buxtehude.

 

Ramat Hasharon, ein Vorort von Tel Aviv, ist, was die Einwohnerzahlen von rund 40 000 angeht, ähnlich groß wie Buxtehude. Dass dort aber ein anderes Klima herrscht, nicht meteorologisch, ist nicht der einzige Unterschied, den die 11 israelischen Jugendlichen, die jetzt eine Woche in der Hansestadt bei Gastfamilien verbrachten, feststellten.

 

Auch wenn die 17-Jährigen nicht aus strenggläubigen Elternhäusern stammen, bevorzugten sie vegetarisches Essen. „Hundertprozentig koscher zu kochen wäre schwierig geworden, überhaupt verlief der Austausch ohne Komplikationen und bereichernd für beide Seiten“, zieht Achim Biesenbach sein Resümee. Wie üblich beim Besuch ausländischer Gäste, hat der zweite Vorsitzende des Stadtjugendrings Buxtehude mit den Betreuern vorab ausführlich ein Programm erarbeitet, das eventuelle Besonderheiten berücksichtigt. Es gab in der Buxtehudewoche zum Beispiel keinen Fahrradausflug. „Da die Israelis nie radfahren, wäre das zu riskant gewesen“, erklärt Jugendleiter Malte Jenett, der eine Woche zuvor die deutsche Gruppe nach Ramat Hasharaon begleitet hatte.

Deutsche und israelische Jugendliche in der Altstadt von Jerusalem - im Hintergrund Klagemauer und Felsendom
Deutsche und israelische Jugendliche in der Altstadt von Jerusalem - im Hintergrund Klagemauer und Felsendom

Vom 14. bis 20. Juli flogen die Buxtehuder Jugendlichen nach Israel, um dort gemeinsam mit Gleichaltrigen der Jugendorganisation Migvanim die jüdische Lebensweise und Kultur kennenzulernen. Tagesausflüge ans Tote Meer und nach Jerusalem gehörten dazu, ebenso ein Besuch im Haus der Gettokämpfer in Westgaliläa. Es wurde 1949 von Überlebenden des Holocaust gegründet und ist das erste Museum in Israel, das der Holocaustopfer und des jüdischen Widerstands gedachte. Denn Schwerpunkt der Begegnung war der Nationalsozialismus. Daran sind die Fördergelder des Bundes gekoppelt, erklärt Biesenbach. „Ich wusste trotz Geschichtsleistungskurs nicht, dass so viele Jugendliche am Widerstand beteiligt gewesen waren“, berichtet Anna Bundt. Die Diskussion mit den israelischen Jugendlichen, die sich um die Frage drehte, inwieweit Kinder in Deutschland zu der damaligen Zeit verantwortlich für die Hitlerherrschaft waren, sei gewinnbringend gewesen. „Es war spannend, unterschiedliche Sichtweisen zu hören, obwohl unsere israelischen Freunde uns nie mit Vorwürfen konfrontierten“, so die Buxtehuderin. „Die Jugendlichen sind dort viel offener, wir haben schnell Kontakte geknüpft. Von Vorurteilen gegenüber Deutschen keine Spur“, bestätigt Lara Wischnewski.

 

Angst vor Anschlägen hatte die 17-Jährige während ihres Aufenthaltes nie. Mit einer potenziellen Terrorgefahr würden sie eben aufwachsen, dennoch fühle er sich in seiner Heimat „safety“, meint Gal Mor. Oder anders ausgedrückt: Überall könne etwas passieren, wie die jüngsten Ereignisse in Europa gezeigt hätten. „Die israelischen Jugendlichen werden durch das Bewusstsein der Gefahrenlage schneller erwachsener“, glaubt Noa Hamri, in deren Leben Religion keine große Rolle spielt. Ähnlich wie Itay Goldhar: „Uns prägt militärisches Denken.“ Obwohl der 17-Jährige mit gemischten Gefühlen demnächst seinen dreijährigen Pflichtmilitärdienst antreten wird, hält er die Ausbildung für notwendig. „Einerseits ist es nicht ungefährlich, andererseits möchte ich meinem Land, das mir viel gegeben hat, damit etwas zurückgeben.“

 

„Die Kontrollen zu unsere Sicherheit komplizieren natürlich unseren Alltag, dennoch bin ich froh darüber. Soweit kann es in anderen Ländern auch kommen. Deutschland sollte daher bewusst die Integration vorantreiben“, rät Gal A. Tal-Or. Der Musiklehrer, der als Jugendleiter mitgekommen ist, setzt auf das Konzept gemeinsames Musizieren mit in Israel lebenden Arabern. „Im Grunde wollen alle den Frieden“, ist er sich sicher.

 

Damit dieser Wunsch in Erfüllung geht, pflanzten beide Gruppen gemeinsam einen Kirschbaum im Garten des Freizeithauses, als Symbol dafür, dass der Austausch zwischen den beiden Kulturen wachse und Früchte trage, wie eben der Frieden in der Welt.

 

www.tageblatt.de 03.08.2016 (Franziska Felsch)