Vorschriften behindern das Ehrenamt

LANDKREIS. Immer mehr Vorschriften und Auflagen erschweren und behindern auch im Landkreis Stade die Arbeit von Ehrenamtlichen. Diese Kritik war beim „Virtuellen Klönschnack“ mit Kai Seefried (CDU) zum offiziellen Tag des Ehrenamtes am Wochenende mehrfach in aller Deutlichkeit zu hören.

 

Rund 45 Teilnehmer waren der Einladung des CDU-Landtagsabgeordneten Kai Seefried aus Drochtersen zum Online-Talk mit Ehrenamtlichen und Funktionsträgern aus etlichen Bereichen des Ehrenamts, von Kultur über Jugend, Hilfeleistung, Heimatpflege und Soziales bis zum Sport. „Wie können wir die Arbeit hier unterstützen – das steht heute im Mittelpunkt“, betonte Kai See-fried, der versprach, die Anregungen aufzunehmen. Kai Seefried bewirbt sich im September 2021 für den Posten des hauptamtlichen Stader Landrats. Die Arbeit der Ehrenamtlichen sei „absolut unbezahlbar“. Etwa die Hälfte aller Niedersachsen engagiert sich in der Freizeit ehrenamtlich, auch im Landkreis Stade wird ehrenamtliches Engagement groß geschrieben.

 

„Sehr viel ehrenamtliche Zeit geht aber für Formalien verloren“, monierte Achim Biesenbach, Vorsitzender des Stadtjugendrings Buxtehude. Ob Vereinsregisterrecht, Finanzwesen, Kinder- und Jugend- oder Datenschutz – überall gebe es ständig neue Auflagen, Vorschriften und Rechtslagen. „Eigentlich braucht heute jeder Verein einen Rechtsexperten. Das macht wenig Spaß, ist zusätzliche Arbeitsbelastung und bringt keinen Verein wirklich voran“, klagte Biesenbach; auch Kreissportbund-Vorsitzender Knut Willenbockel monierte den Auflagen- und Formaliendschungel.

 

Als Vorsitzender eines Vereins „muss man zwischenzeitlich Steuerberater, Rechtsanwalt, Soziologe, Psychologe und Verwaltungsfachwirt sein“, äußerte Uwe Gährs, Vorsitzender des Schützenvereins Altkloster. „Außerdem wird man als Ehrenamtlicher vom Finanzamt juristisch behandelt wie ein Unternehmen.“ Der CDU-Bundestagsabgeordnete Enak Ferleman sagte, es sei „wichtig, dass Vereine nicht wie Wirtschaftsunternehmen behandelt werden“. Die Finanzämter wendeten sich viel zu stark den Vereinen zu – „da haben wir noch eine ganze Menge zu tun“.

 

Es fehlen Ansprechpartner

Es fehle eine Anlaufstelle für Vereine, „wo man nicht nur Verweise auf Gesetzestexte und eine Infobroschüre bekommt, sondern jemand, der sich wirklich mal zwei Stunden mit einem zusammensetzt und berät“, so Achim Biesenbach vom Stadtjugendring Buxtehude. Im Landkreis Rotenburg gebe es bereits eine solche Beratungsstelle – „ich würde mich freuen, wenn diese Anlaufstelle auch beim Landkreis Stade zeitnah“ eingerichtet werden könne. Kai Seefried verwies darauf, dass es im Stader Rathaus eine Stelle und auch in anderen Kommunen Ansprechpartner für Ehrenamtliche gebe. Er fände es aber „gut, wenn auch in der Kreisverwaltung eine Person da wäre, die für Ehrenamtliche zur Verfügung steht“.

 

In diesem Jahr wurde in Deutschland die Deutsche Stiftung für Engagement und Ehrenamt ins Leben gerufen, sie soll gerade in ländlichen Räumen das Bürger-Engagement fördern. „Da gucken wir, dass das nicht ein aufgeblähter Selbstverwaltungsapparat ist“, versicherte CDU-Bundestagsabgeordneter Oliver Grundmann.

 

Jörg Petersen vom Förderverein Historischer Kornspeicher Freiburg meinte: „Die Würdigung des Ehrenamtes tut uns gut. Aber das alleine wird nicht reichen“. Der ständige Kampf um die Finanzierung der ehrenamtlichen Arbeit sei zermürbend. „Die Samtgemeinde Nordkehdingen hat gerade ein schönes Signal gegeben und finanzielle Unterstützung zugesichert“.

 

Ehrenamtskarte wird kaum unterstützt

Hans-Eckhard Dannenberg Geschäftsführer des Landschaftsverbands Stade, appellierte an Vereine, Soloselbstständige durch Engagements zu unterstützen, wenn Veranstaltungen wieder möglich seien. „Dafür gibt es das aktuelle Förderprogramm für Soloselbstständige. Die brauchen Veranstalter und das sind wir“. Dörthe Neumann, Kreisverbandsvorsitzende der Landfrauen, unterstrich, es sei wichtig, „dass Soloreferenten jetzt unterstützt werden – wir brauchen sie für die Zukunft“.

 

Markus Teichmann vom DRK-Katastrophenschutz kritisierte, das Thema „Ehrenamtskarte“ sei im Kreis „nicht so richtig präsent“. Mit diesem persönlichen Dokument können Ehrenamtliche in Deutschland Vergünstigungen und Rabatte erhalten, ob im Verein, beim Einkauf oder für Veranstaltungen. Kai Seefried räumte ein, dass die Karte in der Region kaum unterstützt werde, „es gibt kaum Angebote. Die Kommunen und der Landkreis sollten die Ehrenamtskarte pushen“.

 

Cornelia Haak, Initiatorin der Katzenschutzverordnung im Kreis, wollte wissen, welche Fördermittel es im Landkreis Stade für ein Tierheim gebe – das Tierheim Stade sei ja nur für die Stadt Stade zuständig. „Wir brauchen ganz dringend Unterbringungsplätze für Katzen.“ Seefried sicherte Haak zu, sich um das Thema zu kümmern. Weil die meisten Tierheime sich schwerpunktmäßig auf Hunde und Katzen spezialisiert hätten, es aber immer mehr exotische Tiere gäbe, die untergebracht werden müssten, sprach sich der CDU-Landtagsabgeordnete Helmut Dammann-Tamke für eine grundsätzliche Steuer für jede Art von Haustier aus.

 

von Katja Knappe - www.tageblatt.de  07.12.2020